Group photo in Bari, Italy during the onsite visit

Vor-Ort-Veranstaltung Bari, Italien

Attentive audience listening to presenters

Einführung

Die dritte Vor-Ort-Projektveranstaltung fand in Bari, Italien, von 28. bis 30. Juni 2023 statt. Der Fokus lag dabei auf der beispielhaften Praxis Su.Pr.Eme, einem Programm zur Überwindung von Impfhindernissen. Im Rahmen dieses Programms sollen die Rechte ungemeldeter und/oder saisonaler Wanderarbeitskräfte aus Drittländern geschützt werden, wobei Gesundheit und Sozialversorgung eine Kernkomponente darstellt. Ziel des Programms ist es, den Zugang zu Gesundheitsversorgung, einschließlich des Zugangs zu COVID-19-Impfungen, zu verbessern.  

Der Generaldirektor der Regionalbehörde für Gesundheit und Soziales Apuliens (AReSS) sowie Delegierte der Verwaltung der Region Apulien hießen 23 Teilnehmer aus 10 EU-Mitgliedstaaten willkommen. Die Teilnehmer waren Vertreter von Gesundheitsministerien, Gesundheitseinrichtungen, nationalen Impfgremien und Apotheker. Mit der Veranstaltung wurden folgende Ziele verfolgt: 

  • Einblicke in das Programm „Su.Pr.Eme“ zu gewinnen und aus den Erfolgen zu lernen. 
  • gegenseitiges Lernen durch Wissens- und Erfahrungsaustausch zu fördern.
  • Ideen darüber zu erarbeiten, wie medizinische Fachkräfte aus anderen Mitgliedstaaten die Erkenntnisse aus dem Programm in ihrem eigenen Land umsetzen können.

Während der Veranstaltung wurde der AReSS von der European Health and Digital Executive Agency (HaDEA) ein Zertifikat für herausragende Praxis verliehen. 

Su.Pr.Eme: Gesundheitsversorgung und Impfungen für nicht gemeldete Saisonarbeitskräfte

Ziel

In Italien gibt es im Bereich der Impfungen diverse physische, administrative und praktische Hindernisse. Zu den wichtigsten Hindernissen zählen kulturelle, sprachliche, logistische und organisatorische Herausforderungen sowie soziale Faktoren, beispielsweise Schwierigkeiten, sich frei zu nehmen, insbesondere für Niedriglohnarbeiter und irreguläre Arbeitskräfte. 

2017 erließ das italienische Gesundheitsministerium das Gesetz 119/2017, mit dem die Anzahl der verpflichtenden Impfungen auf 10 erweitert wurde. Neben Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Hepatitis B und Poliomyelitis zählen nun auch Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) sowie gegen Windpocken, Keuchhusten und Haemophilus influenzae Typ B (Hib). Infolgedessen dürfen ungeimpfte Kinder bis zum Alter von sechs Jahren keine Vorschulbetreuung in Anspruch nehmen. Um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten, müssen Eltern, die ihren Kindern nicht die Pflichtimpfungen verabreichen lassen, mit einer Geldstrafe rechnen. 

Das Projekt „Su.Pr.Eme“ ist Teil einer nationalen Initiative unter der Leitung des Ministeriums für Sozialpolitik und Arbeit – Generaldirektion für Einwanderung und Integrationspolitiken. Ziel des Projekts ist es, durch die Umsetzung eines integrierten Maßnahmenplans gegen Ausbeutung, Marginalisierung und Gefährdung von Wanderarbeitnehmern vorzugehen. Dadurch hat die AReSS die Möglichkeit, ein Gesundheitsversorgungs- und Sozialmodell in informellen Einrichtungen zu entwickeln. 

Die Umsetzung des Modells in Apulien begann in der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie, die die bestehenden Probleme von Migranten und anderen gefährdeten Gruppen aufgrund ihres sozioökonomischen und rechtlichen Status sowie ihrem begrenzten Zugang zu Gesundheitsdiensten verstärkt hat. 

Die Projektziele umfassen die Gewährleistung des Schutzes und des Zugangs zu Gesundheitsdiensten für gefährdete und benachteiligte Personen und gleichzeitig auch die Verbesserung ihrer allgemeinen Gesundheits- und Lebensbedingungen. Insbesondere soll mit dem Projekt Folgendes erreicht werden: 

  • Förderung der Transformation von Siedlungen/Unterkünften in ein wohnliches Umfeld, das einen akzeptablen Lebensstandard ermöglicht. 
  • Verbesserung der Sozial-, Gesundheits-, Arbeits-, Mobilitäts- und Kulturdienstleistungen und Förderung der Teilhabe von Migranten an den lokalen Gemeinschaften.  
  • Stärkung der Fähigkeit, die Anwesenheit einer hohen Zahl an Migranten zu verwalten, die unter kritischen Bedingungen leben, in denen es zu Menschenrechtsverstößen und Ausbeutung kommen kann. 

Ressourcen

Italien bietet eine universelle Gesundheitsversorgung (Beveridge-Wohlfahrtsmodell), wodurch jeder italienische Einwohner ohne Versicherung Zugang zu Gesundheitsversorgung hat. Impfungen sind in den angebotenen Diensten enthalten. Die meisten Impfungen sind Teil des nationalen italienischen Impfplans, mit Ausnahme der Grippe- und COVID-19-Impfung.   

Einwohner, die keine italienischen Bürger sind, erhalten die COVID-19-Impfung kostenlos. Auch andere Impfungen sind eventuell kostenlos, allerdings ist dies von den regionalen Bestimmungen abhängig. 

Beteiligte Akteure und Umsetzung 

Das Projekt ist Teil einer nationalen Initiative unter der Leitung des Ministeriums für Sozialpolitik und Arbeit – Generaldirektion für Einwanderung und Integrationspolitiken. Die Region Apulien ist Projektleiter der fünf süditalienischen Partnerregionen (Apulien, Kampanien, Basilikata, Kalabrien und Sizilien). Am Projekt sind auch andere Partner beteiligt, etwa das Arbeitsinspektorat, das nationale Institut für soziale Sicherheit, die Internationale Organisation für Migration (IOM), das NOVA Onlus-Konsortium und spezialisierte Nichtregierungsorganisationen (NRO). 

Die Region Apulien hat der apulischen AReSS im Rahmen des Projekts Aktivitäten im Bereich der Gesundheit und des sozialen Gesundheitswesens übertragen. 

Ergebnisse 

Eine mobile Ambulanzeinheit, koordiniert von der AReSS, führt verschiedene medizinische Verfahren durch, einschließlich Impfungen mit Fokus auf Prävention, Beobachtung der Gesundheit und des Sozialstatus von Migranten und Gewährung von Gesundheitsversorgung. Diese Verfahren sind besonders wichtig, weil Migranten oft Schwierigkeiten beim Zugang zum italienischen Gesundheitssystem haben. Mobile Ambulanzeinheiten werden durch Vereinbarungen mit den lokalen Gesundheitsbehörden und Dienstleistern aktiviert, die nach einem Wochenplan an den vorab festgelegten Orten in ländlichen Gegenden im Einsatz sind. Sie agieren als multidisziplinäre Teams, die Fachkräfte aus den Bereichen Gesundheitsversorgung und soziales Gesundheitswesen vereinen, darunter Psychologen, um die vor Ort ermittelten vorrangigen Gesundheitsbedürfnisse zu erfüllen und gleichzeitig laufend mit dem örtlichen Gesundheitswesen in Kontakt zu stehen. Dank dieses Projekts konnte durch den Betrieb von fünf mobilen medizinischen Einheiten die Ausbreitung von COVID-19 in illegalen Siedlungen eingedämmt werden und Impfaktivitäten konnten unterstützt werden. 

Aktuell unterstützt das Programm rund 600 Menschen in Apulien. Die solide Beziehung und das große Vertrauen zwischen NROs und Gemeinden hat maßgeblich zum Erfolg des Programms beigetragen. Einige der beteiligten Organisationen haben Erfahrung als medizinische Nothilfeorganisationen in Konfliktgebieten außerhalb der EU sowie mit der Unterstützung Obdachloser in Klein- und Großstädten Italiens. 

NROs bieten Beratung, sind mit Migranten in Kontakt und unterstützen Allgemeinmediziner. Dieser kollaborative Ansatz trägt zur Verkleinerung der Kluft zwischen Migrantengemeinschaften und dem Gesundheitssystem bei, denn sie erleichtern Outreach-Maßnahmen und die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen.  

Im Rahmen des Projekts wurde ein integriertes Modell für ein soziales Gesundheitswesen, zusammen mit Leitlinien für dessen Umsetzung entwickelt, wodurch eine umfassende und koordinierte Gesundheitsversorgung erleichtert wird. Es wurden 4.000 Broschüren verteilt, die grundlegende Informationen über den Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen bieten. Bislang haben geschätzte 11.280 Personen die Aktivitäten im Bereich des sozialen Gesundheitswesens des Projekts in Apulien genutzt. 2.100 davon erfüllten die Eignungskriterien des Projekts und wurden formell erreicht.  

Ergebnisse der Vor-Ort-Veranstaltung

Im Rahmen der Vor-Ort-Veranstaltung nahmen die Anwesenden an drei Workshops teil, die die Überlegungen zu den präsentierten Impfpraktiken und deren Beurteilung erleichtern sollten. Schwerpunkt der Workshops war der ganzheitliche, multidisziplinäre Ansatz, der medizinischen Dienstleister, Führungskräfte aus den Gemeinden, Kulturvermittler, Sozialarbeiter und Rechtsexperten vereinte. Darüber hinaus umfassten die Workshops ein „Impact Canvas“, um die Teilnehmer bei der Beurteilung der Übertragungsmöglichkeiten der Beispielpraxis in ihr eigenes örtliches Gesundheitssystem und ihre Gesundheitsinfrastruktur anzuleiten.   

Während der Gruppendiskussionen ermittelten die Teilnehmer diverse Stärken der Su.Pr.Eme-Strategie, einschließlich der Zusammenarbeit von Einrichtungen, der Zusammenarbeit mit NROs, kostenlosen Impfungen und des elektronischen Registers der geimpften Personen.  

Teil des „Impact Canvas“ war auch die Ermittlung verschiedener Aspekte des Su.Pr.Eme-Programms, die an andere Mitgliedstaaten angepasst und auf diese übertragen werden könnten. Diese umfassen: 

  • sektorübergreifende Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und NROs 
  • Schulung/Auswahl von Gesundheits- und Sozialarbeitern 
  • mobile Einheiten, um entlegene und unterversorgte Gebiete sowie Impfkliniken zu erreichen. 
  • Ausrichtung auf die spezifischen Bedürfnisse von Saisonarbeitskräften und die Schaffung solider Beziehungen, um maßgeschneiderte Impfprogramme zu unterstützen. 
  • Einbeziehung multidisziplinärer Teams, bestehend aus Juristen, Sozial- und Gesundheitsbediensteten und Kulturvermittlern. 

Die Teilnehmer ermittelten mehrere Möglichkeiten zur Erhöhung der Effizienz des Programms, unter anderem die Umsetzung gesetzgeberischer Maßnahmen, beispielsweise Gesetzesänderungen, um Personen ohne Rechtsdokumente (Ausweispapiere) einzubeziehen. 

Die Teilnehmer sammelten Ideen zu möglichen Änderungen, darunter: 

  • Beobachtung und Beurteilung: Durchführung von qualitativen Studien, um Verhaltensänderungen zu verstehen, Verfolgung der allgemeinen Durchimpfungsrate; Durchführung von Umfragen davor und danach, um die Anzahl geimpfter Migranten zu erheben und eventuelle Verbesserungen im Hinblick auf die Erweiterung des Ansatzes zu bewerten, beispielsweise die Übertragung von der regionalen auf die nationale Ebene. 
  • Finanzielle Nachhaltigkeit: Schaffung eines Konsortium-Vorstands, der die relevanten Einrichtungen umfasst, um finanzielle Nachhaltigkeit und die Rechenschaftspflicht zu erleichtern. 
  • Kommunikationskanäle mit Zielgruppen und Partnern: Die gesamte Kommunikation muss mehrsprachig erfolgen, idealerweise einfach verständlich und mithilfe von Dolmetschern, um Sprachbarrieren zu überwinden. 

Die Veranstaltungsteilnehmer konnten neue Einblicke in die Praxis gewinnen und erklärten sich bereit, in Form von Besuchsberichten das Wissen und die Erfahrungen an ihre Kollegen und Einrichtungen weiterzugeben, ihre Erkenntnisse in Kampagnen, Maßnahmen und strategische Planungen einfließen zu lassen und einen Vorschlag für ein Pilotprojekt im Rahmen des Projekts „Überwindung von Impfhindernissen“ vorzulegen.  

Publications

Vaccination delivery | PDF, English Language | 9.5. 2023

Relevante Quellen

Relevante Quellen
Hier finden Sie relevante Ressourcen auf nationaler Ebene sowie auf EU-Ebene, die im Rahmen des Projekts „Impfhindernisse überwinden“ verwendet werden.