Group photo of participants during the onsite visit in Dublin, Ireland.

Vor-Ort-Besuch in Dublin, Irland

Dr. Margit Aufterbeck and a speaker giving a presentation during the onsite visit in Dublin, Ireland.

Einführung

Der fünfte und letzte Besuch im Rahmen des Projekts „Überwindung von Impfhindernissen“ fand von 4. bis 6. Oktober 2023 in Dublin statt. Der Schwerpunkt lag auf einer Pilotstudie, im Rahmen derer die Impfung gegen Grippe (Influenza) Kindern in drei Grundschulen angeboten wurde. Die Zielpopulation waren Kinder und Jugendliche von 2 bis 17 Jahren.

Mit dem Besuch wurden folgende Ziele verfolgt:

  • Erkenntnisse zur irischen Vorgehensweise beim Angebot der Influenza-Impfung an Kinder in drei Grundschulen zu gewinnen und Lehren aus den erfolgreichen Aspekten zu ziehen
  • Förderung des gegenseitigen Lernens, indem ein Raum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch geboten wird
  • Erarbeitung von Ideen dazu, wie medizinische Fachkräfte aus den Mitgliedstaaten die Praxis in ihrem eigenen Land umsetzen können

Im Rahmen des Besuchs wurde der irischen nationalen Impfbehörde (Irish National Immunisation Office of Health Service Executive [HSE]) von der European Health and Digital Executive Agency (HaDEA) ein Zertifikat über herausragende Praxis ausgestellt.

Angebot der Impfung für Kinder in drei Grundschulen

Ziel

In Irland empfahl der nationale Beratungsausschuss zu Impfungen (NIAC) im Rahmen des Programms gegen saisonale Influenza 2021-2022 die Impfung gegen Influenza (Grippe) für alle Kinder im Alter von 2-17 Jahren. 

Ziel war es, Kinder vor Komplikationen durch Influenza zu schützen, die Übertragung innerhalb der Gemeinde zu verringern und jene zu schützen, die ein höheres Risiko einer schweren Erkrankung haben. Der attenuierte Influenza-Lebendimpfstoff (LAIV) wurde Kindern und Jugendlichen in dieser Altersgruppe empfohlen, sofern keine Kontraindikation bestand.
 
Wenngleich Kinder von 2 bis 17 Jahren für die kostenlose Verabreichung des nasalen Grippeimpfstoffs des HSE geeignet sind, wurde diese nur von einem relativ geringen Anteil in der Gemeinde (weniger als 20%) in Anspruch genommen. Um hierbei Abhilfe zu schaffen, wurde eine Pilotstudie durchgeführt, um die Auswirkungen der Verabreichung des LAIV in Grundschulen zu beurteilen. Der schulische Rahmen wurde auf Grundlage solider internationaler Belege gewählt, die nahelegten, dass solche Einrichtungen die Inanspruchnahme von Impfungen erhöhen und sicher genug sind, um großen Schülerzahlen verabreicht zu werden. Zudem umfasst das schulische Impfprogramm in Irland mehrere etablierte Initiativen, im Rahmen derer Impfungen angeboten werden, darunter die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR), gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten (Pertussis), Polio (DTaP/IPV), gegen Humane Papillomavien (HPV9) sowie gegen Meningokokken A, C, W und Y (MenACWY).

Das Pilotprojekt wurde in Zusammenarbeit mit den Teams von Community Health Operational (CHO) durchgeführt, wobei jedes Team eine Partnerschaft mit einer lokalen Grundschule einging. Drei Schulen nahmen an der Studie teil und boten insgesamt 587 Kindern aus unterschiedlichen geografischen Gebieten LAIV-Impfungen an.

Beteiligte Akteure und Umsetzung

Die nationale Impfbehörde ist für die Verwaltung der Beschaffung und die Verteilung von Impfungen zuständig. Sie erstellt in Einklang mit den Richtlinien des irischen Amtes für Impfungen Schulungs- und Kommunikationsmaterialien für die Bevölkerung und für Gesundheitsfachkräfte, die an allen nationalen Impfprogrammen beteiligt sind. Sämtliche Informationen zu den Impfungen sind evidenzbasiert und wurden von einem Gremium von Impfexperten des Royal College of Physicians of Ireland, dem National Immunisation Advisory Committee (NIAC), überprüft.

Das NIAC ist ein multidisziplinäres Gremium von Gesundheitsfachkräften, das Richtlinien für Politiker im Gesundheitsministerium verfasst. Es erstellt evidenzbasierte Empfehlungen zu Impfrichtlinien und stützt sich dabei auf epidemiologische Daten und international bewährte Verfahrensweisen.

Health Services Executive (HSE) ist das Gremium, das die irischen Gesundheitsdienste und -programme implementiert und in die Wege leitet, unter anderem die Impfprogramme, die gemäß den Vorgaben des NIAC und des Gesundheitsministerium durchgeführt werden. Die nationale Impfbehörde des HSE beaufsichtigt die Beschaffung und Verteilung von Impfungen, entwickelt Informationsquellen und -materialien und bietet Gesundheitsfachkräften Schulungen.

Die Impfprogramme werden auf nationaler Ebene zentral geplant und von Verantwortlichen im gesamten Land umgesetzt. Das irische Gesundheitssystem umfasst neun kommunale Gesundheitsorganisationen (CHO) sowie sieben Krankenhausgruppen. Das schulische Impfprogramm wird auf regionaler Ebene durch die Mobilisierung lokaler schulischer Impfteams umgesetzt. Die nationale Impfbehörde (NIO) bietet Unterstützung für die Pilotprogramme, einschließlich der Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsmaterialien und klinischer Unterstützung.

Bereitstellung von Mitteln

Das Gesundheitsministerium finanziert Impfprogramme in Irland und teilt das Budget für Impfpolitiken zu, die gemäß den Richtlinien und Empfehlungen des nationalen Beratungsausschusses für Impfungen (NIAC) entwickelt werden. Alle empfohlenen Impfungen für Kinder und Jugendliche, die im Impfplan enthalten sind, werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Sie umfassen sowohl den Impfstoff selbst als auch die Verwaltungskosten. Die Impfungen, die im Rahmen des schulischen Impfprogramms verabreicht werden, sind kostenlos.

Die schulischen Impfprogramme werden direkt in den Schulen durchgeführt, darunter auch in Schulen für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Homeschooling-Kinder wiederum erhalten die Impfung über den Hausarzt. Diese Impfungen werden von speziellen Fachkräften verabreicht, einschließlich Allgemeinmedizinern, Arzthelferinnen und akademisch qualifizierten Pflegekräften, wobei Krankenschwestern/Pflegekräften bei den Impfaktivitäten eine Schlüsselrolle zukommt.

Das schulische Impfteam des HSE übermittelt den Eltern/Erziehungsberechtigten der Schulkinder jedes Jahr Einwilligungsunterlagen. Diese umfassen:

  • ein Schreiben der nationalen Impfbehörde
  • Informationen über die Impfungen, die dem Kind angeboten werden
  • Einwilligungserklärung und Kuvert für die Rücksendung der ausgefüllten Dokumente.

Das schulische Impfsystem des HSE wird durch die Informationen zur Einwilligungserklärung des Kindes ergänzt.

Für dieses Pilotprojekt wurden Finanzierungsmittel in Höhe von 10.000 Euro zur Verfügung gestellt, mit denen die Kosten für die Vorbereitung des klinischen Setups, die Verwaltungskosten der Impfung, die Projektunterstützungskosten sowie eine Werbekampagne zur Unterstützung des Pilotprogramms gedeckt wurden.

Ergebnisse 

An den Pilotprogrammen nahmen drei Grundschulen teil. Eine davon war eine neu gegründete Schule mit Kindern von 4 bis 10 Jahren, während die Schüler der anderen beiden Schulen 4 bis 12 Jahre alt waren. In jeder Schule wurde allen Schülern der LAIV angeboten (N gesamt =587).

Der Anteil jener, die den LAIV im Rahmen dieses Pilotprogramms in Anspruch nahm, betrug 63,9% (375/587). Die Inanspruchnahme in den drei Schulen reichte von 59,3% bis 68,3%.
 
Am höchsten (69,1%) war der Anteil bei den Schülern im zweiten Jahr (7 bis 8 Jahre). Von den Schülerpopulationen gaben 12,4% (73/587) an, dass sie die Grippeimpfung in der Gemeinde von ihrem Hausarzt oder Apotheker erhalten hatten. Die gesamte Inanspruchnahme in der Gesamtpopulation der Schüler, der die Impfung mit dem LAIV angeboten wurde, betrug 76,3% (448/587).
 
17,5% (103/587) der Eltern verweigerten die Einwilligung. Bei den verbleibenden Kindern, die nicht in der Schule oder der Gemeinde geimpft wurden, deren Eltern ihre Einwilligung nicht verweigert hatten, wurde die Einwilligungserklärung für die Impfung ihres Kindes von den Eltern nicht zurückgesendet oder das Kind war nicht anwesend oder anderweitig nicht in der Lage, am betreffenden Tag die Impfung zu erhalten.
 
Von der gesamten Schülerpopulation berichteten 37,5% (220/587) der Eltern, dass ihr Kind noch nie eine Grippeimpfung erhalten hatte, bei einem Kind war der LAIV-Impfstoff kontraindiziert (0,2%), 4,9% (29/587) hatten eine Grunderkrankung und 0,9% (5/587) benötigten eine zweite Dosis des LAIV. Die Notwendigkeit einer zweiten Dosis des LAIV wurde allerdings nicht von allen Impfteams beurteilt. 

13,5% (79/587) der Eltern, die Einwilligungsformulare erhielten, mussten vor dem Impftermin telefonisch kontaktiert werden, um die von ihnen angegebenen Informationen zu klären. Es wurden keine unerwünschten Vorfälle (beispielsweise Impffehler) gemeldet.

Das Pilotprogramm brachte mit einer deutlich höheren Inanspruchnahme bei den Schülerpopulationen (63,9%) im Vergleich zur Gemeinde (12,4%) vielversprechende Ergebnisse. Damit wurde der positive Einfluss des schulgebundenen Ansatzes auf die Impfraten in den teilnehmenden Schulen belegt.

Insgesamt bieten die Erkenntnisse aus der Pilotstudie nützliche Erkenntnisse zum Potenzial schulgebundener Impfprogramme für eine höhere Inanspruchnahme der Grippeimpfung bei Kindern in Irland. Diese Ergebnisse tragen zu den laufenden Maßnahmen zur Verbesserung der Impfstrategien und zur Förderung der Bevölkerungsgesundheit in der Gemeinde bei.

In der Grippesaison 2023/24 werden mobile HSE-Impfteams allen Kindern in Regelschulen und allen Kindern in Grundschulen für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf die nasale Grippeimpfung anbieten. In den nächsten Jahren wird eine Beurteilung und Erweiterung dieser Maßnahmen stattfinden, mit dem Ziel, allen Kindern im Grundschulalter eine Impfung mit dem nasalen Grippe-Impfstoff anzubieten.

Ergebnisse des Besuchs

Im Rahmen des Besuchs wurde den Teilnehmern ein Überblick über das irische Gesundheitssystem und die „Health Service Executive Protection Strategy 2022-2027“ geboten. Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, in einer Reihe von Workshops, die Überlegungen und Beurteilungen erleichtern sollten, das irische Gesundheits- und Impfsystem kennenzulernen. Besonderes Augenmerk lag hierbei auf der beispielhaften Praktik des schulischen Impfprogramms für die Grippeimpfung in Grundschulen.

Die Teilnehmer ermittelten mehrere Stärken, einschließlich Zugänglichkeit, betriebliche Effizienz, Inklusivität, Flexibilität, gut geführte Logistik sowie den evidenzbasierten multidisziplinären Ansatz. Zudem stellten sie fest, dass ein Einwilligungsmodell erforderlich ist, das auch eine Ablehnung der Teilnahme umfasst, sowie eine Weiterentwicklung der Verfahren, insbesondere die Datenerfassung und Verwendung von Einwilligungserklärungen in Papierform. Im Rahmen der aktuellen Vorgehensweise bestehen mehrere Möglichkeiten, vergleichbare Modelle zu entwickeln, insbesondere die Integration von Gesundheitsbildung in die Impfinitiativen sowie die Erweiterung der Auswahl an angebotenen Impfungen. Als wesentliche Stärke wurde die Verknüpfung des Gesundheitswesens und der Schulen hervorgehoben, wodurch die Erbringung von Verabreichungsdiensten erleichtert wird, sowie die Möglichkeit, sich zusätzliche Impfungen verabreichen zu lassen.

Zudem wurde ein „Impact Canvas“ verwendet, um die Teilnehmer bei der Beurteilung der Übertragungsmöglichkeiten der Beispielpraxis in ihr eigenes örtliches Gesundheitssystem und ihre Gesundheitsinfrastruktur anzuleiten. Es wurden mehrere wesentliche Schritte für die erfolgreiche Umsetzung eines schulischen Impfprogramms identifiziert. Hierzu zählen die Entwicklung von Unterlagen wie Einwilligungserklärungen und Informationsblätter, die Entwicklung eines stukturierten Umsetzungskonzepts, die Schaffung einer Governance-Struktur, die Definition von Beschaffungsprozessen einschließlich der Bereitstellung der Impfstoffe sowie die Beschreibung des Programmumfangs und Zeitrahmens. Darüber hinaus umfasst ein solches Programm die Rekrutierung und Schulung von Mitarbeitern, die Finanzplanung, die Definition von Überwachungs- und Beurteilungsstrategien sowie die Förderung der Bereitschaft von Politikern, derartige Initiativen zu unterstützen.

Die Teilnehmer schätzten die persönlichen Interaktionen mit anderen Delegierten, den anwesenden Experten des Programms und dem Klinikpersonal. Der Vor-Ort-Besuch bot die Möglichkeit, das Programm aus einem neuen Blickwinkel kennenzulernen, insbesondere durch Besuche in den Impfkliniken. Als Lehre, die aus dem Besuch gezogen werden konnte, wurde am häufigsten der ganzheitliche, multidisziplinäre/sektorübergreifende Ansatz erwähnt, der belegt, wie wichtig Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen allen Partnern sind. Mehrere Teilnehmer betonten, dass die Umsetzung der Impfprogramme in den Schulen eine gute Möglichkeit war, die Impfraten zu erhöhen.

Mehr über das irische Gesundheitssystem und dessen Impfprogramme erfahren Sie unter den folgenden Links:

Websites:

Publications

Relevante Quellen

Relevante Quellen
Hier finden Sie relevante Ressourcen auf nationaler Ebene sowie auf EU-Ebene, die im Rahmen des Projekts „Impfhindernisse überwinden“ verwendet werden.