Vor-Ort-Veranstaltung Murcia, Spanien
Einführung
Die erste Vor-Ort-Projektveranstaltung fand in Murcia, Spanien, von 31. Mai bis 2. Juni 2023 statt. Dabei stand die beispielgebende Praxis „schulisches Impfprogramm in der Region Murcia“ zur Überwindung von Impfhindernissen im Mittelpunkt. Diese soll zur Verbesserung der Impfungen für Kinder im Alter von 11 Jahren gegen Humane Papillomviren (HPV) und Meningitis beitragen.
Das Gesundheitsamt der Region Murcia hieß 27 Teilnehmer aus 15 verschiedenen EU-Mitgliedstaaten in Murcia willkommen. Zu den Teilnehmern zählten Vertreter von Gesundheitsministerien, Gesundheitseinrichtungen und nationalen Impfgremien. Mit der Veranstaltung wurden folgende Ziele verfolgt:
- Einblicke in das schulische Impfprogramm zu gewinnen und aus den Erfolgen zu lernen
- durch den Austausch zwischen Fachleuten gegenseitiges Lernen zu fördern
- Konzepte für die Übertragung der Praxis auf andere Mitgliedstaaten zu entwickeln
Während der dreitägigen Vor-Ort-Veranstaltung hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Einblicke in das Impfprogramm des spanischen Gesundheitsministeriums zu erhalten, aber auch mehr über die Impfstrategie von Murcia in Bezug auf das Affenpockenvirus zu gewinnen. Zudem konnten die Teilnehmer Krankenpfleger/-innen bei der Vorbereitung auf die Impfungen in Schulen beobachten und mehr über die Verabreichung von Impfungen zu Hause erfahren. Und zu guter Letzt besuchten sie Workshops, um sich über Möglichkeiten auszutauschen, wie diese Praxis in anderen Mitgliedstaaten umgesetzt werden könnte.
Während der Veranstaltung wurde dem Gesundheitsministerium von Murcia von der European Health and Digital Executive Agency (HaDEA) ein Zertifikat für herausragende Praxis verliehen.
Schulisches Impfprogramm
Ziel
Obwohl Impfungen in Spanien nicht verpflichtend sind, weist das Land eine hohe Durchimpfungsrate auf. Bei HPV beträgt diese 91%. In Bezug auf die Meningokokken-Erkrankung ist eine höhere Durchimpfungsrate (>85%) bei Impfungen für Kinder mit 11 Jahren notwendig, um ein Wiederauftreten von Meningitis C-Fällen und durch andere Serogruppen (A, W, Y) bedingte Fälle zu vermeiden.
Die Impfung von Kleinkindern und älteren Kindern wird meist in einer Gesundheitseinrichtung oder an einer regulären Impfstelle im Rahmen des Programms für Kinder- und Jugendgesundheit (Programa de Atención al Niño y Adolescente, PANA) durchgeführt. In den ersten Jahren des Lebens eines Kindes werden die medizinischen Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen des PANA in hohem Maß in Anspruch genommen. Nach Erreichen des Alters von 11 Jahren beträgt dieser Anteil jedoch nur mehr 60%. Das schulische Impfprogramm in der Region Murcia, Spanien zielt auf die Verbesserung der Impfraten bei HPV- und Meningitis-Impfungen ab.
Beteiligte Akteure und Umsetzung
Um einen einfachen und gerechten Zugang zu Impfungen zu ermöglichen, werden die Impfungen anstatt in Gesundheitseinrichtungen in den Schulen verabreicht. Am schulischen Impfprogramm beteiligt sind die Generaldirektion für öffentliche Gesundheit und Suchterkrankungen (Dirección General de Salud Pública y Adicciones, DGSPyA), das Gesundheitsamt der Region Murcia (Servicio Murciano de Salud, SMS), das Bildungsministerium von Murcia sowie Schuldirektoren/-innen und -lehrkräfte. Auch die Eltern der zu impfenden Kinder werden einbezogen, indem sie ein Informationsschreiben sowie eine Einwilligungserklärung erhalten, die auszufüllen und in der Schule abzugeben ist. Das Informationspaket einschließlich der Einwilligungserklärung ist in mehreren Sprachen erhältlich, darunter Arabisch für die arabischsprachige Gemeinschaft in Murcia.
Das Gesundheitsamt von Murcia und die DGSPyA organisieren die Schulimpfungen. Krankenpfleger/-innen aus Einrichtungen für medizinische Grundversorgung sind mit den Schulen in Kontakt und bereiten die schulischen Impfungen gegen HPV und Meningitis vor. Die Eltern erteilen ihre schriftliche Einwilligung, wenn sie eine Impfung ihres Kindes wünschen, und die Schulverwaltung und die Lehrer unterstützen das Projekt, indem sie die Einwilligungserklärungen einholen.
Am Tag der Impfung richten die Krankenpfleger/-innen in der Schule ein Impfzimmer ein. Die Lehrer begleiten die Kinder aus ihren Klassen zur Impfung und überwachen diese während der 30 Minuten nach der Impfung auf etwaige Impfreaktionen. Anschließend tragen die Krankenschwestern die Impfung im digitalen Impfregister ein und benachrichtigen die Eltern/Erziehungsberechtigten, wenn das Kind aus irgendeinem Grund nicht geimpft wurde (z. B. aufgrund von Krankheit). Die Impfteams kontaktieren die Eltern und Erziehungsberechtigten der Kinder, die in der Impfdatenbank für ihre Altersgruppe als nicht geimpft eingetragen wurden. All diejenigen, die im betreffenden Gesundheitsbezirk leben, können direkt telefonisch, postalisch oder per E-Mail kontaktiert werden. Eltern ungeimpfter Kinder, die außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der medizinischen Einrichtung leben, werden im Rahmen des regionalen Impfprogramms kontaktiert.
Ressourcen
Die Finanzierung des „schulischen Impfprogramms in der Region Murcia“ erfolgt aus regionalen Finanzierungsquellen.
Neben der Unterstützung von Krankenpfleger(n)/-innen und Lehrkräften erfordert das Programm räumliche Ressourcen, einschließlich Impfräumen und Räumen zur Beobachtung nach der Impfung. Das Impfteam besteht aus zwei Krankenpfleger(n)/-innen, die medizinische Ausrüstung erhalten. Diese umfasst ein Stethoskop, ein Sphygmomanometer, ein Blutzuckermessgerät, Instrumente für die Atemwege einschließlich Beatmungsbeutel und Guedelkanülen, Material für intravenösen Zugang sowie Medikamente.
Ergebnisse
Indem die Impfungen direkt in der Schule angeboten werden, werden Eltern, die Schwierigkeiten mit Buchungssystemen oder den Öffnungszeiten der Gesundheitseinrichtungen haben, Hürden aus dem Weg geräumt. Somit bietet das Programm einfachen Zugang und klare Informationen über Impfgelegenheiten.
Die Durchimpfungsrate bei der dritten Dosis der Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C erreichte zwischen 91% und 93% in der Kohorte der Jahrgänge 2004 und 2005 (die in Schulen geimpft wurden), und die Durchimpfungsrate bei der Impfung gegen Meningokokken der Serogruppen ACWY beträgt aktuell rund 90%. Die HPV-Durchimpfungsrate mit zwei Dosen betrug in den Jahren 2020 und 2021 zwischen 85% ud 95%, während die Durchimpfungsrate in der im Jahr 1994 geborenen Kohorte (die in Gesundheitseinrichtungen geimpft wurde) nur 62,3% betrug. Durch die Impfungen in der Schule sind die Meningokokkenfälle von 29 Fällen einer Meningokokken-C-Erkrankung im Jahr 1996 auf zwei Fälle in den Jahren 2020-2021 gesunken. Zudem ist auch die Anzahl der Meningokokken-Erkrankungen der anderen Serogruppen zurückgegangen, die Teil der Vierfachimpfung sind.
Ergebnisse der Veranstaltung
Während der Workshop-Sitzungen im Rahmen der Vor-Ort-Veranstaltung konnten sich die Teilnehmer von den Vorteilen des schulischen Impfprogramms von Murcia überzeugen:
- effiziente Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsministerium, Bildungsministerium und Schulen, die zusammenarbeiten, sich gemeinsame Ziele setzen und während der Umsetzung des Programms die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen
- Beteiligung von Krankenpfleger(n)/-innen, deren Fachkompetenz und Präsenz in Schulen die Effizienz des Impfprozesses gewährleistet.
- Die aktive Unterstützung mit Anleitung und Expertenkompetenz durch die nationalen Fachberatungsausschüsse zu Impfungen (National Immunisation Technical Advisory Groups, NITAGs)
Die Teilnehmer ermittelten mehrere Möglichkeiten, wie das Programm noch effizienter gestaltet werden kann, etwa durch Digitalisierung der Krankenakte und des Impfpasses, um den bürokratischen Aufwand zu verringern. Durch das digitale System sinkt der Zeitaufwand, aber auch die Zahl der benötigten medizinischen Fachkräfte. Eine Herausforderung könnten der Datenschutz und die Aufbewahrung der Akten darstellen, da formelle Verfahren mit papierbasierten Einwilligungserklärungen entfallen. Daher schlugen die Teilnehmer die Schaffung eines digitalen Impfregisters vor, das mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) konform ist.
Einige Mitgliedstaaten wiesen darauf hin, dass ein Mangel an qualifizierten medizinischen Fachkräften eine zusätzliche Herausforderung darstellen könnte, wenn das Programm auf einen anderen nationalen Kontext übertragen wird. Ein wesentlicher Aspekt bei der Übertragung des Programms beruht auf der Schaffung von Vertrauen. Da sich das Programm an Eltern/Erziehungsberechtigte von Kindern richtet, ist das Vertrauen in medizinische Fachkräfte, die die Impfungen verabreichen, unverzichtbar, aber auch in das politische System, auf dem das Programm basiert.
Die Teilnehmer freuten sich über die Möglichkeit, mit Fachkräften aus anderen Ländern Wissensaustausch zu betreiben und neue Perspektiven zu medizinischen Vorgehensweisen zu gewinnen (z. B. zu erfahren, wer gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zur Verabreichung von Impfungen berechtigt ist).
Mehr über das schulische Impfprogramm von Murcia erfahren Sie unter:
Website:
- www.murciasalud.es/web/vacunacion/-/vacunacionescolar_meningococovph
- www.murciasalud.es/en/web/vacunacion/
- www.murciasalud.es/en/web/vacunacion/vacunacionescolar
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